Klartext: Ü50 im Arbeitsmarkt ist ein Challenge - der lösbar ist
Wir sprechen über die Herausforderungen und Chancen älterer Arbeitnehmer im Schweizer Arbeitsmarkt. Anhand aktueller Zahlen, persönlicher Geschichten und praktischer Ansätze zeigen wir, wie die Generation 55+ den Wandel aktiv mitgestalten kann.
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Chapter 1
Realität der Altersdiskriminierung
Martina
Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge von "Innovation im Schweizer Arbeitsmarkt". Ich bin Martina und wie immer an meiner Seite ist Eric Marquette. Heute sprechen wir über ein Thema, das viele bewegt, aber oft zu wenig offen diskutiert wird: Die Herausforderungen und Chancen für die Generation 55 Plus im Schweizer Arbeitsmarkt.
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Hi zusammen, freut mich, wieder dabei zu sein. Und ja, Martina, das Thema ist wirklich brisant. Gerade wenn man sich die aktuellen Zahlen anschaut: Die Arbeitslosigkeit bei den 50- bis 64-Jährigen ist in der Schweiz zuletzt um fast 20 Prozent gestiegen. Das ist schon heftig, wenn man bedenkt, dass die Gesamtarbeitslosigkeit eigentlich recht moderat ist.
Martina
Absolut. Und was ich besonders krass finde: Wer über 50 ist, sucht im Schnitt fast acht Monate nach einer neuen Stelle. Das ist deutlich länger als bei Jüngeren. Und dann kommen noch diese Vorurteile dazu – Stichwort "Unflexibilität" oder "Überqualifikation". Ich meine, das sind ja oft nur Klischees, aber sie halten sich hartnäckig.
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Ja, und das ist nicht nur ein Gefühl, sondern das zeigen auch die Erfahrungsberichte. Ich hab da neulich einen Artikel gelesen, da erzählen Brigitte, Hans und Peter, wie sie kurz vor der Pensionierung gekündigt wurden. Brigitte zum Beispiel, die war 60, Personalfachfrau, und wurde von ihrer eigenen Lehrtochter ersetzt. Sie hat sich auf alles beworben, aber meistens kam nicht mal eine Antwort. Und wenn sie dann doch einen Job gefunden hat, dann nur mit weniger Lohn und weniger Verantwortung.
Martina
Das ist echt bitter. Und Hans, der hat mit 62 fast 300 Bewerbungen geschrieben und sagt, er fühlt sich einfach aussortiert. Er will ja arbeiten, aber es scheint, als ob man ab 60 einfach nicht mehr gewollt ist. Und Peter, der war bei einer Post-Tochter, wurde mit 62 gekündigt und musste dann in die Frühpension, obwohl er eigentlich noch arbeiten wollte. Das zeigt halt, wie weit Politik und Realität manchmal auseinanderliegen.
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Genau, und das ist ja auch ein Thema, das wir in früheren Episoden schon mal gestreift haben – zum Beispiel als wir über die Herausforderungen im Bankensektor gesprochen haben. Aber hier sieht man, wie sehr Altersdiskriminierung wirklich Existenzen betrifft. Und oft sind es nicht die Lohnforderungen, wie viele denken, sondern einfach das Alter an sich, das zum Problem wird.
Martina
Und dann kommt noch dazu, dass viele ältere Arbeitnehmende mit digitalen Tools nicht so vertraut sind. Nur 62 Prozent der 55- bis 65-Jährigen haben digitale Grundkenntnisse, bei den 25- bis 44-Jährigen sind es über 90 Prozent. Das macht den Wiedereinstieg natürlich noch schwieriger.
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Ja, und das ist so ein Teufelskreis. Die Vorurteile führen dazu, dass weniger Chancen da sind, und die fehlenden Chancen machen es noch schwerer, am Ball zu bleiben. Aber – und das ist mir wichtig – es gibt auch positive Beispiele und echte Chancen. Vielleicht können wir da gleich mal hinschauen?
Chapter 2
Chancen für ältere Arbeitnehmende
Martina
Unbedingt! Denn trotz aller Schwierigkeiten gibt es Branchen, in denen die Generation 55 Plus richtig gefragt ist. Zum Beispiel im Gesundheitswesen – da herrscht ja ein akuter Fachkräftemangel, gerade bei Pflegepersonal oder Fachärztinnen und -ärzten. Aber auch im Bau, in der IT oder im öffentlichen Sektor werden erfahrene Leute gesucht. Vor allem der öffentliche Sektor ist ein echter Geheimtipp: hier haben ältere Stellensuchende aktuell sehr gute Chancen.
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Stimmt, und das ist ja auch logisch, wenn man mal drüber nachdenkt. Ältere Mitarbeitende bringen oft ein riesiges Erfahrungswissen mit, kennen die Abläufe, haben schon viele Veränderungen mitgemacht. Und was ich immer wieder höre: Sie sind loyal, zuverlässig und oft auch bereit, flexiblere Arbeitsmodelle zu akzeptieren – also Teilzeit, Jobsharing, Homeoffice, solche Sachen.
Martina
Genau, und das ist auch ein Punkt, den viele unterschätzen. Meine Mutter zum Beispiel – die war 58, als sie ihren alten Job verloren hat. Sie hat sich dann gezielt weitergebildet, vor allem im Bereich digitale Kompetenzen, und nach ein paar Monaten tatsächlich eine neue Stelle gefunden. Und zwar in einem ganz anderen Bereich als vorher! Das zeigt, dass Weiterbildung wirklich ein Schlüssel sein kann.
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Das ist ein super Beispiel, Martina. Und ich glaube, das ist auch das, was Unternehmen langsam begreifen: Der demografische Wandel sorgt dafür, dass wir auf die Erfahrung der Älteren gar nicht mehr verzichten können. Gerade in Branchen, wo der Nachwuchs fehlt, sind die 55-Plus-Leute oft die, die den Laden am Laufen halten.
Martina
Und was ich auch spannend finde: Viele Ältere sind total offen für neue Arbeitsmodelle. Sie sagen, okay, ich mach Teilzeit, ich geh ins Projektgeschäft, ich arbeite auch mal remote. Das ist ja eigentlich genau das, was der Arbeitsmarkt heute braucht – Flexibilität und Erfahrung in Kombination. Also quasi eine Portfolio-Karriere starten.
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Ja, und das ist auch ein Thema, das wir in der letzten Folge zu KI und Digitalisierung schon angesprochen haben. Die Anforderungen ändern sich, aber wer bereit ist, sich weiterzuentwickeln, hat auch mit 55 oder 60 noch richtig gute Chancen. Es braucht halt manchmal ein bisschen Mut und die Bereitschaft, sich auf Neues einzulassen.
Martina
Und vielleicht auch ein bisschen Unterstützung – sei es durch Weiterbildung, Coaching oder einfach ein gutes Netzwerk. Aber das bringt uns eigentlich schon zum nächsten Punkt: Was kann man konkret tun, um als ältere oder erfahrener Arbeitnehmende erfolgreich einen neuen Job zu finden?
Chapter 3
Wege zum erfolgreichen Job
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Ja, das ist die entscheidende Frage. Also, was ich immer wieder sehe: Es kommt wirklich auf die eigene Initiative an. Klar, es gibt staatliche Förderprogramme – zum Beispiel verlängerte Taggelder, Einarbeitungszuschüsse für Arbeitgeber oder spezielle Kurse für digitale Kompetenzen. Aber ehrlich gesagt, für Hochqualifizierte sind diese Programme oft nicht passgenau genug. Und vor allem verliert man sehr viel Zeit, wenn man sich ausschliesslich auf staatliche Fördermassnahmen verlässt. Ich bin der Ansicht, dass die eigne Karriere und Bildung kein Thema ist, das man an den Staat oder staatliche Institutionen delegieren kann. Da muss man schon selbst aktiv werden.
Martina
Absolut. Ganz wichtig ist, dass sich die Stellensuchenden in diesem Segment bewusst sind, dass die grössten Chancen auf einen neuen Job im verdeckten Arbeitsmarkt liegen. Es gibt viele "offizielle Kurse", die zeigen wie ein CV designtechnisch schön gestaltet werden kann. Diese Veranstaltungen haben für hochqualifizierte Stellensuchende leider nur einen sehr begrenzten Mehrwert. Schauen wir uns die Zahlen für die Schweiz an: 70% der Jobs für hochqualifizierte Stellensuchende werden in der Schweiz nie öffentlich ausgeschrieben. Sie werden über das Netzwerk vergeben. Es braucht also sehr viel Systematik und Durchhaltewillen um an eine neue Stelle zu kommen. Und natürlich braucht es auch mit diesem Wissen immer noch die richtigen Argumente und Skills, damit ein "Match" zustande kommt.
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Die Skills sind ein gutes Thema. Gerade das Basis Verständnis zu digitalen Technologien wird heute fast überall vorausgesetzt. Man kann sich dieses Wissen gut über entsprechende Trainings und Kurse beschaffen. Wichtig ist, dass man darauf achtet, dass das Angebot wirklich "hands-on" Erfahrungen anbietet und nicht nur ein theoretischer Frontunterricht ist. Die Unternehmen suchen neue Mitarbeiter, die in Sachen Applied Tech, sofort einen Mehrwert bringen können. Es gibt wirklich gute Angebote im Markt. Wir bei ISA haben zum Beispiel das Career Bootcamp lanciert, das genau diesen Aspekt abdeckt und mit einem Compact MBA Zertifikat von SAQ abschliesst. Und der zweite Skill, den man mitbringen sollte ist das Networking, das darf man echt nicht unterschätzen, da hast Du Recht Martina. Erfahrene Mitarbeiter haben Beziehungen zu Kunden und zu anderen Mitbewerbern - das ist je nach Industrie sehr viel wert. Und wie Du gesagt hast Martina, viele Jobs werden ja grad über dieses Netzwerk vergeben.
Martina
Ja, es ist wichtig, dass man den verdeckten Arbeitsmarkt unbedingt in die Stellensuche miteinbezieht. Ich glaube aber auch, dass man dann auch offen sein muss für Neues. Vielleicht mal einen Branchenwechsel wagen oder sich auf ein Projekt einlassen, das man vorher nicht auf dem Schirm hatte. Und wenn mal eine Absage kommt – das ist zwar jedes Mal hart - aber es ist auch eine Chance, nochmal zu reflektieren und sich mit diesem Feedback weiterzuentwickeln. Martin, der Lead Coach von ISA hat mal gesagt, dass jede Absage - so hart sie auch ist - auch gut ist, weil man dann nicht noch mehr Zeit in diesen Case investiert. Quasi eine Investment-Protection.
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Und was ich persönlich erlebt habe: Wissenstransfer ist ein riesiges Asset. Ich hatte mal einen Kollegen, der war schon über 60 und wurde nach einer Umstrukturierung zum Mentor für die jüngeren Mitarbeitenden. Er hat daraus ein eigenes Business entwickelt. Der hat das Onboarding eines Startups komplett umgekrempelt, weil er einfach wusste, wo die Stolpersteine liegen. Das hat dem ganzen Team geholfen – und ihm selbst auch, weil er so seine Erfahrung weitergeben konnte und sich gebraucht gefühlt hat.
Martina
Das ist ein tolles Beispiel, Eric. Und genau das zeigt: Karriere ist keine Staatsaufgabe, sondern etwas, das man selbst in die Hand nehmen muss. Klar, Unterstützung ist wichtig, aber am Ende zählt die eigene Initiative, die Bereitschaft, sich weiterzuentwickeln und das eigene Netzwerk zu pflegen. Und Unternehmen profitieren enorm, wenn sie das Erfahrungswissen der Älteren gezielt nutzen – zum Beispiel durch Mentoring-Programme oder gemischte Teams.
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Genau, und ich glaube, das ist auch ein guter Punkt, um für heute einen kleinen Schlusspunkt zu setzen. Die Generation 50 Plus ist kein Auslaufmodell, sondern ein riesiges Potenzial für den Schweizer Arbeitsmarkt, gerade jetzt wo wir viele Prozesse automatisieren. Wir müssen als Unternehmer, als Stellensuchende und vor allem auch als Politiker das Thema etwas realistischer denken - und dann diese Generation gezielt richtig einsetzen. Der Mehrwert ist gross, wenn wir es richtig nutzen.
Martina
Das sehe ich genauso. Und ich hoffe, wir konnten heute ein paar praktische Impulse geben – für alle, die selbst betroffen sind oder im Unternehmen Verantwortung tragen. In der nächsten Folge schauen wir uns dann an, wie Unternehmen gezielt altersdiverse Teams aufbauen können und was das für die Innovationskraft bedeutet. Eric, danke dir für das Gespräch – und euch allen fürs Zuhören. Bis zum nächsten Mal!
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Danke, Martina, hat wie immer Spass gemacht. Macht's gut und bis bald!
